Heinz Peter Jehly verstorben
Nachruf
Vorarlbergs Architekturgeschehen ist um eine leise, aber umso nachdrücklichere Stimme ärmer geworden. Der Bludenzer Architekt Heinz-Peter Jehly ist im 72. Lebensjahr in seiner zweiten Heimat, der griechischen Insel Sifnos, verstorben.
Einer bekannten lokalen Künstlerfamilie entstammend erhielt er seine Ausbildung nach der HTL in Innsbruck an der Akademie der Bildenden Künste in Wien in der Meisterschule Roland Rainer. Nach seinem – mit dem Meisterschulpreis ausgezeichneten - Diplomabschluss übte er einige Jahre die Lehrtätigkeit als Assistent an der Akademie aus, um anschließend nach Bludenz zurück zu kehren. Wohl wissend, dass sein Bezug zu den Themen und Inhalten architektonischen Schaffens sich deutlich von dem in Vorarlberg bestimmenden Geist eines oft geradezu programmatisch verstandenen Pragmatismus unterschied. Simpler Schematismus und autistisch anmutender Minimalismus waren seine Sache nicht. Seine Entwürfe und die wenigen realisierten Bauten zeigen eine meisterhafte Könnerschaft in der Formulierung virtuos differenzierter Räume bis zum poetischen Spiel mit Materialien und Handwerkstechniken. Er suchte und fand Themen und Bezüge, die hinter oder über den vordergründigen Anforderungen der jeweiligen Aufgabenstellung lagen. Dabei gelang es ihm, diese durch Offenlegung oft übersehener, verdrängter oder auch unterdrückter Zusammenhänge und Ordnungen zu überraschen und dies zu Themen ebenso überraschender, eigenständiger Lösungen zu entwickeln. Diese außergewöhnliche Könnerschaft zeigte sich in besonderem Ausmaß bei den Wettbewerbsbeiträgen Jehlys. Leider wurden einige davon trotz Erstreihung nicht oder nur verändert ausgeführt.
Heinz erwartete von seinen Bauherrschaften neben Engagement auch die Bereitschaft, neue, oft unerwartete Sichtweisen und Lösungsansätze mitzudenken und auch mitzutragen. Sein eigenes Anspruchsniveau war dabei bis in die Tiefenschärfe feinfühlig-differenzierter Detailgestaltung konsequent und unbestechlich. Bedauerlicherweise entsprachen nicht alle Auftraggeber diesen Anforderungen, wohl mit ein Grund dafür, dass das Oeuvre ausgeführter Bauten vergleichsweise bescheiden, aber umso überzeugender ist. Man sollte aber Zeit und Muße aufbringen, seine Objekte genau und in ihrer Vielfältigkeit und Tiefe wirken zu lassen, das schnell ins Auge springende ist ihre Sache nicht.
Mit seinem ersten öffentlichen Werk setzte er mit dem Kinderspielplatz St. Anna ein unnachahmliches Zeichen seines außergewöhnlichen Talents. Ein im Stadtgefüge höchst sinnvoller neuer Fußweg erweitert sich zu einem eigentlich kleinen aber großzügig wirkenden Spielplatz mit Verweilqualität für Alt und Jung. Der Weg ist einfach in seiner Funktion, aber um so mehrschichtiger in den Details, diese Qualität ist trotz großer Amputationen nach wie vor präsent und sucht ihresgleichen.
Es folgten
- drei höchst kultivierte Wohnungsumbauten in der Bludenzer Altstadt
- der Turnsaal und der Kindergarten in Bartholomäberg, ein Holzbau der etwas anderen Art
- in St. Anton i. M. die räumlich grandiose Kirchenerweiterung (leider in der Fertigstellung durch aufgezwungenen Änderungen beeinträchtigt) mit der angefügten Friedhofserweiterung und der dazu gehörigen würdevollen kleinen Aufbahrungshalle
- der behutsam neu gestaltete Innenraum der Kirche in Stuben
- das Panoramarestaurant am Golm, das seine Bezeichnung auf eine beeindruckende Weise interpretierte (aber leider kürzlich einem Neubau Platz machen musste)
- die räumlich und konstruktiv besonders beeindruckende Tennishalle im Hotel Post in Bezau
- die beiden letztgenannten Projekte entstanden in Zusammenarbeit mit Leopold Kaufmann - ein heiter elegantes „Sommerhaus“ für verschiedene Nutzungen, im Garten eines Oberländer Unternehmers einen intimen Außenraum bildend errichtet
- das Betriebsgebäude für die Bodenseeschifffahrt (vor dem großen Hafenumbau) mit esprit-vollen Zitaten traditioneller Architekturelemente bei öffentlichen Verkehrsbauwerken
Auf diese angeführten Projekte beschränkt sich im Wesentlichen das gebaute, architektonische Wirken Heinz-Peter Jehlys. Dass dies in der „offiziellen“ Rezeption über das zeitgenössische Architekturgeschehen Vorarlbergs praktisch nicht vorkommt, ist eigentlich ein eklatantes Versäumnis, das umgehend zu beheben eine dringliche Aufgabe für die damit befassten Institutionen selbstverständlich sein sollte.
Ein Nachruf von Bruno Spagolla, mit Ergänzungen von Erich Steinmayr und Werner Burtscher